Podcast Hyperfokuss: ADHS Bubble, Social Media Romantik und die Männerfrage: Bene und Jessica im Gespräch

Die Podcastfolge „ADHS Bubble, Social Media Romantik & wo sind eigentlich all die Männer mit ADHS?“ aus dem HYPERFOKUSS-Podcast bietet spannende Einblicke in die ADHS-Community. Gastgeberin Jessica Mach spricht mit Bene, bekannt auf Instagram als Bene_ADHSo, über soziale Medien, Geschlechterunterschiede und persönliche Erfahrungen mit ADHS. Besonders Bene teilt einige sehr ehrliche Gedanken, die nicht nur berühren, sondern auch zum Nachdenken anregen.

Jessica über die ADHS-Bubble: Fluch und Segen

Jessica, die selbst mit ADHS lebt, hat über die Jahre eine Plattform geschaffen, die den offenen Austausch fördern soll. In der Folge spricht sie über ihre Beobachtungen zur sogenannten „ADHS-Bubble“ auf Social Media. Sie findet es wichtig, dass ADHS heute sichtbarer ist, merkt aber kritisch an, dass sich die Darstellung oft auf die positiven Aspekte konzentriert.

„Es ist toll, dass ADHS-Betroffene sich vernetzen und gegenseitig unterstützen“, sagt Jessica. „Aber manchmal habe ich das Gefühl, dass der Fokus zu sehr auf Kreativität und Hyperfokus liegt – dabei ist ADHS so viel mehr.“ Für Jessica geht es darum, ein realistisches Bild von ADHS zu zeigen, das sowohl die Stärken als auch die Herausforderungen umfasst.

Bene: Ein Mann mit ADHS erzählt seine Geschichte

Bene bringt in die Diskussion einen ganz persönlichen Blickwinkel ein. Er spricht darüber, wie es ist, als Mann mit ADHS in der Community aktiv zu sein – und warum das so selten vorkommt. Besonders eindrucksvoll ist seine Geschichte über seine eigene späte Diagnose. Er erzählt, dass er lange Zeit dachte, mit ihm sei einfach „etwas nicht in Ordnung“. Erst durch den Austausch in der ADHS-Community wurde ihm klar, dass viele seiner Probleme, von impulsiven Entscheidungen bis zu chronischer Überforderung, typische ADHS-Symptome sind.

„ADHS hat mir so oft das Gefühl gegeben, ich bin nicht genug“, sagt Bene. „Aber als ich angefangen habe, mich mit anderen auszutauschen, habe ich gemerkt, dass ich nicht allein bin.“ Dieser Austausch war für ihn ein Wendepunkt, und heute nutzt er seine Plattform, um anderen Männern zu helfen, sich selbst zu akzeptieren.

Ein besonders bewegender Moment in der Folge ist, als Bene über seine Schulzeit spricht. Er erzählt, wie schwer es für ihn war, stillzusitzen und den Erwartungen der Lehrer zu entsprechen. „Ich habe immer gehört: ‚Warum kannst du dich nicht zusammenreißen wie die anderen Jungs?‘ Aber ich konnte einfach nicht.“ Heute weiß er, dass es an seinem ADHS lag – damals fühlte er sich oft als Außenseiter.

Die Männerfrage: Wo bleiben die Geschichten?

Jessica und Bene diskutieren auch, warum Männer mit ADHS so selten sichtbar sind. Bene glaubt, dass gesellschaftliche Rollenbilder hier eine große Rolle spielen. „Männer sollen funktionieren, stark sein, keine Schwäche zeigen“, sagt er. „Wenn du dann erzählst, dass du mit deinem Kopf nicht klarkommst, wirst du oft nicht ernst genommen.“

Jessica ergänzt, dass viele Männer mit ADHS zwar als Kinder diagnostiziert werden, später aber keine Unterstützung mehr bekommen. „Sie fallen einfach aus dem System“, sagt sie. Die beiden sind sich einig, dass es mehr Plattformen und Vorbilder für Männer mit ADHS braucht, um diese Stille zu durchbrechen.

Social Media: Hilfe oder Hindernis?

Ein weiteres großes Thema in der Folge ist die Rolle der sozialen Medien. Bene beschreibt sie als zweischneidiges Schwert. Einerseits bieten sie eine unglaubliche Möglichkeit, sich zu vernetzen und Sichtbarkeit zu schaffen. Andererseits können sie auch unrealistische Erwartungen wecken. „Man sieht nur die Highlights, nicht die Kämpfe dahinter“, sagt Bene.

Besonders problematisch findet er die Romantisierung von ADHS. „Wenn du dich selbst ständig mit diesen perfekten, lustigen Darstellungen vergleichst, fühlst du dich noch schlechter, weil dein eigenes Leben ganz anders aussieht.“ Jessica ergänzt, dass diese romantisierte Darstellung besonders für Menschen schwierig sein kann, die erst spät diagnostiziert wurden. Sie erinnert daran, dass ADHS nicht nur Chaos und Hyperfokus bedeutet, sondern oft auch mit Erschöpfung und Schamgefühlen einhergeht.

Persönliche Einblicke machen den Unterschied

Was diese Podcastfolge so besonders macht, ist die Offenheit, mit der Jessica und Bene über ihre eigenen Erfahrungen sprechen. Bene erzählt, wie schwer es für ihn war, seine Diagnose anzunehmen, und wie er lange dachte, er müsse einfach „mehr Disziplin“ haben, um seine Probleme in den Griff zu bekommen. Erst durch die Community erkannte er, dass er nicht allein ist und dass es Werkzeuge gibt, die helfen können.

Jessica hingegen teilt ihre Sicht als Frau in der ADHS-Bubble und spricht darüber, wie wichtig es ist, dass alle Stimmen gehört werden – unabhängig vom Geschlecht, vom Alter oder von der individuellen Geschichte. Gemeinsam stellen sie fest, dass Social Media zwar eine wichtige Plattform sein kann, aber immer auch kritisch hinterfragt werden sollte.

Fazit: Ein ehrliches Gespräch über ADHS

Diese Podcastfolge ist mehr als ein Blick in die ADHS-Community – sie ist ein Aufruf zur Reflexion. Jessica und Bene zeigen, wie wichtig es ist, ehrlich über ADHS zu sprechen, die Herausforderungen nicht zu verschweigen und gleichzeitig Raum für individuelle Erfahrungen zu lassen. Besonders Bene liefert mit seiner persönlichen Geschichte einen Einblick, der berührt und inspiriert.

Für mich bleibt aus der Folge vor allem hängen, wie dringend wir alle dazu beitragen müssen, die Geschichten von Männern mit ADHS sichtbarer zu machen. Es geht nicht nur darum, mehr Stimmen zu hören, sondern auch darum, ein vollständigeres, realistischeres Bild von ADHS zu zeigen – eines, das Platz für Höhen und Tiefen hat.

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